Warum Heinrich „der Löwe“ genannt wird

Wie ist Heinrich der Löwe, Münchens Gründungsvater, zu seinem Beinamen gekommen? Durch seine Abstammung vom Geschlecht der Welfen und der Namensverwandtschaft der „Welfen“, wie zu damaliger Zeit Löwenjungen genannt wurden? Durch den dem Löwen, dem König der Tiere nachgesagten und ihm ebenso innewohnenden Eigenschaften wie Mut, Stärke und Kraft? Beides scheint plausibel. Doch die Münchner erzählen sich noch eine legendäre Geschichte, in der der Löwe zu Heinrichs Gefährten und daher seinem Namensgeber wird:

Heinrichs Kampf gegen den Drachen

Der junge Heinrich soll kühn und abenteuerlustig gewesen sein. Ständig zog es ihn in die Weite, in Wälder und Haine, überall hin, wo auszustehende Kämpfe und zu erlebende Abenteuer auf ihn warten könnten. Als er eines Morgens durch einen abgelegenen Wald spazierte, sollte er in ein Abenteuer verwickelt werden, das sein Leben der Legende nach verändern sollte. Aus einer Lichtung hörte er ohrenbetäubendes Gebrüll. Sofort folgte Heinrich dem Lärm – und was sah er? Einen riesigen, furchteinflößenden Drachen, der mit einem Löwen kämpfte. Der Löwe war bereits schwer verwundet, Blut troff aus tiefen Wunden, die einst goldene Mähne war vom Feueratem des wütenden Drachens versengt. Auch der Drache zeigte Verletzungen, die ihm der Löwe mit seinen starken Pranken und den spitzen Zähnen zugefügt hatte.


Höre hier die Sage von Heinrich und dem Löwen auf dem YouTube-Kanal der Stadtspürer!


Der Löwe steht für das Gute, der Drache für das Böse

Wem sollte Heinrich zu Hilfe eilen? Dem Löwen oder dem Drachen? Heinrich zögerte nicht lange, todesmutig zückte er sein Schwert und rannte mit Kampfgeschrei auf den Drachen zu. Er rammte ihm sein kostbares Schwert tief in die Brust. Keuchend brach der Drache zusammen, stieß noch einen letzten sterbenden Feuerstoß aus und war besiegt. Der Löwe, dankbar für seine Rettung, soll Heinrich seit diesem Tage nicht mehr von der Seite gewichen sein. Und Heinrich, der seither nur mehr zusammen mit seinem treuen Begleiter gesehen wurde, nannte man „Heinrich der Löwe“.

Symbolisch betrachtet steht der Löwe für das Helle, Lichte und damit für das Gute; der Drache immer für das zu Bezwingende, das Böse. Der Kern dieser Sage lautet demnach, dass Heinrich sich gegen das Böse gestellt und für das Gute entschieden hat. Dieser Sieg des Guten gegen das Böse, dargestellt mit Löwen und Drachen, findet man auch an so manchen Toren oder Fassaden.

Die Ordnung setzte sich gegen die Wildnis durch

Der Löwe entspricht dabei dem König, also dem herrschenden, für Ordnung sorgenden Prinzip. Wie die Sonne, um die sich alles dreht, ordnet der Herrscher die Welt (in der Astrologie ist daher die Sonne dem Zeichen Löwen zugeordnet). Der Drache hingegen verkörpert die Kräfte des Chaos und der Natur – er ist ein nächtliches, mondhaftes Wesen, denn so wie der Mond seine Gestalt ändert, so steht er für das Unstete, Wandelbare. Diese Unsicherheit muss vom Herrscher bezwungen werden. Bei einer Stadtgründung geschieht nichts anderes: das wilde Land wird bezwungen. Von nun an herrscht Ordnung innerhalb der Stadtmauern. Das Chaos aber ist nicht verschwunden. Deine Kräfte werden innerhalb der Stadtmauern in Schach gehalten. Außerhalb jedoch existieren sie weiter – in Gestalt von wilden Wassern (wie unserer Isar), wilden Tieren, wilden Wäldern und Ungeheuern. Die Stadt ist bildlich gesprochen nichts anderes als eine Insel inmitten des wilden, ungestümen Ozeans …

Der Kampf gegen den Drachen ist also nicht nur der Kampf gegen das Böse, sondern auch Symbol für den Versuch des Menschen, dem Chaos der Natur seine Ordnung entgegenzusetzen. Kein Wunder, dass Heinrich sich als Stadtgründer mit ihm verbunden fühlte!

Auch am Münchner Rathaus beachten ein Löwe die Sicherheit des dort tagenden Rates. Du findest ihn an der Westseite.

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