Der Wahnsinn auf der Theresienwiese geht wieder los
Auf die 42 Hektar große Theresienwiese werden Millionen von Menschen, von Münchnern über „Preißn“, bis hin zu Neuseeländern oder Australiern (oft erkennbar an Trachtenimitaten aus Gummi) strömen. 6,3 Millionen Besucher waren es letztes Jahr. Circa 119000 Sitzplätze gab es 2019 auf der Wiesn, 7,9 Millionen Maß Bier wurden getrunken und verschüttet, 13000 Angestellte schleppten Hendl und Bier, verkauften gebrannte Mandeln oder nuschelten nasal ins Mikrofon „alles einsteigen, es geht wieder los, neue Fahrt, neue Runde, das macht Spaß, das macht Freude“. Und über all diesem Wahnsinn wacht sie – die Bavaria.
Die Bavaria auf der Theresienwiese
18 Meter ist sie hoch, die riesige Bronzestatue der Bavaria. Zwischen 1843 und 1850 wurde sie vom Münchner Künstler Ludwig Schwanthaler errichtet, im Auftrag König Ludwig I.
Die Figur wurde aus mehreren Einzelteilen gegossen und wiegt insgesamt fast 90 Tonnen. In ihrem Kopf befindet sich eine Aussichtsplattform, von der aus man nicht nur zur Wiesn-Zeit einen herrlichen Ausblick über die großflächige Theresienwiese und die Münchner Viertel drum herum hat – oder eben bald die Festbesucher wie bunt wuselnde Ameisen und emporsteigende Lustballone beobachten kann.
Doch was die Wenigsten wissen, und man sich im Ausnahmezustand Oktoberfest kaum vorstellen kann: Hinter der Bavaria befindet sich ein wahres Kleinod der Ruhe.
Der Bavariapark
Direkt hinter der berühmten Bavaria-Statue auf der Theresienwiese weitet er sich ganz ungeahnt: Der Bavariapark. Ich umrunde die imposante Bavaria und finde eine sieben Hektar große, satte Rasenfläche, umrundet von einem gekiesten Spazierweg.
Ich umrunde den Park auf dem Kiesweg. Es riecht nach Grün. Als wäre gerade eine Wiese frisch gemäht worden. Auf meinem Rundgang sehe ich immer wieder hellen Stein durch das duftende Grün der Bäume blitzen. Es sind märchenhaft wirkende Steinfiguren, die Schönheit, Fantasie, Reichtum und Kraft allegorisieren sollen.
Schönheit, Fantasie, Reichtum und Kraft
„Schönheit“ ist dargestellt von einer vornehmen Dame, die auf dem Rücken eines Pferdes in einen Handspiegel blickt. Danach bewundere ich die mit Namen „Fantasie“ versehene Skulptur. Es zeigt eine Frau, die sich auf einem aufbäumendem Pferd hält – die wilde, nicht zu bändigende Fantasie des Menschen? Das Steinbild „Kraft“ zeigt Herkules, der einen wilden, dickköpfigen Stier zähmt, und „Reichtum“ zeigt ungewöhnlicher Weise einen Jüngling auf einer Seekuh. Steht ihre Fülle hier möglichweise für Wohlstand, wie bei einer dickbäuchigen Buddhafigur?
Verwunschen wirken sie, diese überlebensgroßen Steinstatuen, so versteckt und eingewachsen zwischen den alten Eichen.
Wer also dieses Jahr zwischendurch eine Pause vom Oktoberfest benötigt, kann das ein oder andere Mal die Festwiese auch nur kurz überqueren, die Geräusche und Gerüche einsammeln, und dann hinter der Bavaria in diesen geheimen Park einkehren und den Kontrast zum Lärm und Trubel des Oktoberfestes spüren.