Von einem goldenen Schrein umgeben steht die „Hammerthaler Gottesmutter“, das einzige Gnadenbild, das nach ihrer Stifterin benannt wurde, in der Münchner Heilig-Geist-Kirche. Ich blicke in das harmlos-gutmütige Gesicht der im 15. Jahrhundert geschnitzten gotischen Madonnenstatue und vergegenwärtige mir die wundersame Geschichte um diese Marienfigur …
Unbeachtet stand die Madonna in einer Ecke
Ursula Hammerthaler fällt im Jahr 1620 in einem Kloster zu Tegernsee jene hölzerne Madonna auf. Unscheinbar und unbeachtet steht sie dort in einer Ecke. Ursula betrachtet die Marienfigur lange und fühlt plötzlich eine eigenartige Zuneigung, spürt eine seltsame Kraft von ihr ausgehen. Zurück in München, wo ihr Gatte eine lukrative Weinwirtschaft betreibt, den „Hammerthaler Hof“, geht ihr die Staue nicht mehr aus dem Kopf. Sie bittet den Abt des Tegernseer Klosters, die Madonna nach München überführen zu lassen. Gerührt von der Anteilnahme der Wirtin lässt er die Statue nach München bringen.
Unerklärliche Dinge spielen sich ab
Sofort stellt die Hammerthalerin ihre Mutter Gottes in die Hammerthaler Hauskapelle. Und nun beginnen sich unerklärliche Dinge abzuspielen: Ganz plötzlich wird die Wirtin von ihren langjährigen Gelenkschmerzen geheilt. Die heilende Kraft der Tegernseer Holzmadonna spricht sich in München und Umgebung herum und die Hammerthaler Hauskapelle wird überlaufen von Menschen, die sich von Marias Kraft heilen lassen wollen. Der Andrang wird bald zu groß. Ursula spendet die Statue an das Augustinerkloster in der Neuhauser Straße, wo der Fußboden vor der neuen Wundermadonna nach kürzester Zeit wegen des hohen Andrangs erneuert werden muss.
Die Wunder der Hammerthaler Muttergottes
Agatha Huberin konnte nach dem Lesen einer Messe zu Ehren des Gnadenbildes ihre Krücken für immer zur Seite legen und war fortan frei von allen Schmerzen, die sie seit über sieben Jahren geplagt hatten. Der 20jährige Jacob Zahler geriet auf dem Heimweg beim Tränken seines Pferdes in den Strudel eines Flusses und wurde fortgerissen. Unter Wasser aber hatte er eine Vision: Er sah die Hammerthaler Muttergottes, wie sie ihm die Hand reichte und ihm Rettung versprach. Im selben Augenblick griffen Hände nach ihm und zogen ihn aus dem Wasser. Das Wunder aber war, dass er bereits über eine halbe Stunde in den Fluten untergegangen war! Als am 29. Juni 1633 das Haus des Himmelsschäfflers in der Sendlinger Straße einstürzte, wurde der Student Wolfgang Lechner aus Starnberg unter den Trümmern begraben. Eingeklemmt zwischen schweren Holzbalken dachte er, sein letztes Stündlein habe geschlagen. Da erschien ihm die Muttergottes aus der Augustinerkirche und sprachig Mut zu. Wenig später wurde er lebend und völlig unversehrt geborgen.
Trost und Beistand in den dunkelsten Stunden
1638 wird sie zum Gnadenbild erklärt und als das Kloster aufgelöst wird, findet die Statue zurück ins Tal in die Heilig-Geist-Kirche. Wo auch immer die Menschen in diesem Gnadenbild die Muttergottes verehrten, erfuhren sie in dunkelsten Stunden tiefster Not Trost und Beistand. Ich blicke mich um – ich stehe ganz allein vor der kleinen Statue aus Holz, die geschützt hinter einer Glasvitrine steht. Doch es dauert nicht lange und eine Frau mittleren Alters stellt ihre Einkaufstasche ab, entzündet ein Kerblein vor dem Schrein der Muttergottes und vertieft sich anschließend in ihr Gebet. Worum sie wohl die Wundermadonna bittet?