Magische Johannisnacht
Der Zauber der Sonnenwende
Die Sommersonnenwende liegt hinter uns, die kürzeste Nacht und der längste Tag. Doch vielerorts finden die Festlichkeiten anlässlich dieses astronomisch bedeutsamen und in vielen Kulturen wichtigen Ereignisses etwas später statt, nämlich in der Nacht auf den 24. Juni. Dies gleicht der rätselhaften Verschiebung der Idee der Wintersonnenwende als Geburt des Lichtes am 21. Dezember auf den 24. Dezember als Heiligen Abend. Und tatsächlich: Während der Heiland von der christlichen Mythologie in die Nähe des kürzesten Tages und der längsten Nacht gerückt wurde, wird in der genau gegenüberliegenden Sommernacht desjenigen gedacht, der als Künder des Erlösers gilt: Johannes des Täufers, der nun geboren sein soll.
Die Nächte der Sommersonnenwende waren schön bei den Germanen und Kelten von besonderer Zaubermacht erfüllt. Die Johannisnacht tritt nun in die Folge dieser Magie, in der auf der einen Seite die Kraft des Feuers einen besonderen Stellenwert bekommt, aber auch die Kraft des Wassers verehrt wird.
Kraft des Wassers
So badetet man in dieser Nacht in Flüssen und Teichen – stillschweigend, um an das Taufgeschehen zu erinnern. Mancherorts wird ein Brunnenfest ausgerichtet. Die Brunnen, als Quell von Wasser und Leben, wurden gereinigt und der neue Brunnenmeister wurde gewählt. Dabei wurden spezielle Brunnenlieder gesungen. Das Wasser besitzt in der Johannisnacht magische Kräfte: Ein Mädchen blickt in der Johannisnacht in ein fließendes Gewässer und ruft den Heiligen dabei an. Dann sieht sie ihren Künftigen. Wer ohne ein Wort zu sprechen in der Johannisnacht aus einem Johannisbrünnlein Wasser holt, der hat ein Heilwasser mit der gleichen Kraft, wie sie das Wasser, das am Ostermorgen geschöpft wird, besitzt.
Kraft des Feuers
Das Feuer ist natürlich in der Sonne gegenwärtig, die nun den höchsten Stand über dem Horizont erreicht und von daher die größte Macht besitzt. Um diese Macht auf Erden zu manifestieren und die Verbundenheit zwischen Himmel und Erde zu versinnbildlichen werden mannshohe Feuer entzündet, durch die man zu springen pflegt. Der Springende soll so den Segen des Feuers erfahren und eine besondere Reinigung erfahren. Er soll von Unheil und Krankheit verschont bleiben. Wer als Paar um das Feuer tanzt oder gar gemeinsam den Sprung durch die Flammen wagt, soll für immer zusammen bleiben.
Nacht der Geister
In Märchen und Sagen öffnen sich in der magischen Johannisnacht die Berge und geben ihre Schätze frei. Feen und Elfen, Zwerge und Wesen der Zwischenwelt treiben nun ihr Wesen, und zwar nicht nur in der Nacht, sondern auch und gerade in der Mittagsstunde, die am Johannistag als besonders heilig gilt. Man sagt, dass nun verwunschene Seelen erlöst werden können, aber auch Wünschelruten von besonderer Kraft geschnitten werden können. Manch einer kann – wie in der Heiligen Nacht im Dezember – die Sprache der Tiere verstehen. Es war aber auch genau deshalb eine gefährliche Nacht, weil ähnlich der Walpurgisnacht nun Hexen unterwegs und ansonsten gebannte Geister nun los sind.
Zauberkräftige Kräuter
Am Morgen des Johannistages bricht man in aller Herrgottsfrühe auf und schneidet Kräuter. Dazu verwende man eine versilberte oder vergoldete Schere. Die so geschnittenen Kräuter ergeben eine besonders heilkräftige Suppe. Als besonders zauberkräftig gelten Kamille, Thymian und Beifuß. Sie schützten nicht nur das eigene Wohl, sondern sollen auch, wenn sie in dieser Nacht geschnitten werden, gegen Unheil, Unwetter und Hexen schützen. Ein weiterer wirksamer Schutz vor Hexen in dieser Nacht: Man kreuze Besenstiele auf der Schwelle des Hauses und des Stalls.
Das Johanniskraut ist die Pflanze dieser Zeit. Zusammen mit Bärlapp, Rittersporn, Rosen, Kornblumen, Lilien, Eichenlaub, Klatschmohn, Beifuß und Farnkraut wurde es zu Sträußen gebunden und über Fenster und Türen gehängt. Die Anzahl der Pflanzen und die Zusammensetzung dieser Sträuße variiert von Landschaft zu Landschaft. Oder man band Kränze daraus, die in der Stube aufgehängt wurden. Wer ein kleines Sträußchen Johanniskraut unter sein Kopfkissen legt in dieser Nacht, dem würde die Liebe hold sein. Andernorts wirft man Johanniskraut ins Feuer, um so alles Übel auszuräuchern.
Johannskraut: Pflanze des Lichts
Das Johanniskraut gilt als Sonnenkönig der Pflanzenwelt, vor allen Dingen wegen seiner gelben Blüten. So ist es prädestiniert gegen die Dunkelheit zu kämpfen. Es ist darüberhinaus wohl eine der am besten erforschen Heilpflanzen überhaupt und war schon die Lieblingspflanze des Paracelsus. Zerdrückt man eine Blüte zwischen den Fingern, tritt der blutrote Saft aus, der auch „Johannis-„ oder „Herrgottsblut“ genannt wird. Tatsächlich hat das Kraut eine enge Beziehung zu allem Lichtvollen: Es blüht zur Zeit des Höchststandes der Sonne, das aus ihm hergestellte Rotöl hält einerseits Verbrennungen und sogar Sonnenbrand, macht aber andererseits lichtempfindlicher. Auf psychischer Ebene durchflutet es unsere Seele mit Licht: Es wird als Antidepressivum und Stimmungsaufheller eingesetzt.
Johannisbäume und Sonnenscheiben
Stellen wir in der heiligen Nacht einen Christbaum auf, wird in der Johannisnacht ein Johannisbaum errichtet. Er ähnelt dem Maibaum. Seine Krone ist mit vergoldeten Nüssen, Früchten und Bändern geschmückt, die geschickte junge Leute ergattern konnten, indem sie um die Wette den glatten Stamm hinaufkletterten.
Das Scheibentreiben ist in manchen Regionen bekannt. Hölzerne Lochscheiben werden im Feuer zur Glut gebracht, dann wird ein Stab durch das Loch gesteckt, an dem die Scheibe durchs Dunkel geschwungen wird. Dies soll nicht nur Seuchen vertreiben, sondern auch das Leben der Gemeinschaft verlängern. Andernorts rollt man brennende Räder von den Hängen. Vielleicht stehen sie für den Lauf der Sonne, die zur Sommersonnenwende still zu stehen scheint. Möglicherweise „unterstützt“ man mit diesem Brauch die Sonne darin, sich wieder in Bewegung zu setzen.
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