Der Neuhauser Friedhof

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Der Neuhauser Friedhof

Der Neuhauser Friedhof

Der Friedhof in Neuhausen wird auch „Winthirfriedhof“ genannt. Nach der Winthirkirche, um die die Grabstätten angelegt sind. Diese wiederum erhielt ihren Namen vom englischen Wanderprediger „Winthir“, der im 8. Jahrhundert die oberbayerische Region östlich der Würm und westlich der Isar christianisiert hatte. Man sagt, dass in der Zeit, in der er dazu in Neuhausen gelebt hat, der Stadtteil von Unwettern und Viehseuchen verschont geblieben war. Über seinem Grab wurde die nach ihm benannte Kirche errichtet und um diese herum dann der Neuhauser Friedhof.

Das kühle Grau der Gräber

Es wird langsam spät. Nach einem sonnigen Herbsttag senkt sich ein kühles Grau über die Gräber. Die Blätter einer riesigen Trauerweide, die sich über einen besonders schönen weißen Steinengel neigt, rascheln leise im Wind. Ich bin die einzige Besucherin auf dem Friedhof. Es ist still, bis auf das Blätterrascheln, und es riecht nach feuchtem Laub. Es ist unheimlich, so ganz allein auf einem Friedhof zur Dämmerstunde. Langsam kann ich verstehen, weshalb die Menschen sich Friedhöfen früher nur mit bestimmten Utensilien im Gepäck genähert haben, um sich vor Furchterregendem zu schützen.

Mohn und Salz als Schutz vor Geistern

Die Menschen fürchteten sich vor Geistern, die sich auf Friedhöfen aufhalten konnten. In ihrer Vorstellung gab es weiße Geister, die in ihrer körperlosen Existenz in der Zwischenwelt etwas wieder gut zu machen hatten und anschließend erlöst werden konnten. Und schwarze Geister, die so schlimme Verbrechen begangen hatten, dass sie auf ewig in ihren Zustand verbannt waren. Geister, so stellte man sich vor, hatten eine hohe, kindliche Stimme. Sprachen sie einen an, dufte man auf keinen Fall antworten, sondern sich folgendermaßen schützen:

Man hatte stets ein Säckchen voll Mohn oder Salz bei sich. Man glaubte, Geister unterlägen einem Zählzwang. Ging man an einem Friedhof vorbei, warf man schnell eine Handvoll Körner hinter sich und suchte das Weite, während der gefürchtete Geist erst mal das verschüttete zählen musste. Dabei durfte er die Zahl Drei nicht verwenden, denn das ist nach der Heiligen Dreifaltigkeit eine heilige Zahl. So war der Geist erst mal beschäftigt…

Oder man rief aus vollem Hals „Kikeriki!“. Der Geist sollte denken, ein Hahn kündige schon den Morgen an und als Geist müsse man sich schnell verstecken. Wenn man vom Friedhof etwas mitnahm, musste man in jedem Fall etwas als Entschädigung dalassen, damit es die Geister sich nicht zurückholen.

Christus segne dieses Haus

Ich stelle mir vor, wie die Menschen ums 14. Jahrhundert, als dieser Friedhof erstmals erwähnt wurde, sich an diesem Ort verhielten: Liefen verdächtig auf die Gräber schielend vorbei und ließen unauffällig Mohn oder Salz fallen. Oder rannten ängstlich vorbei und riefen „Kikeriki!“. Sie deponierten etwas auf dem Friedhof, wenn sie beispielsweise verwelke Blumen wegnahmen. Und so schnell sie konnten, retteten sie sich wieder in ihr Haus, dessen Tür mit C+M+B beschriftet war.

Nicht für „Caspar, Melchor, Balthasar“ stehen diese Buchstaben, sondern für „Christus mansionem benedicat“ – Christus möge dieses Haus segnen. So war Geistern der Zutritt zu ihren Häusern verwehrt.

Ich schmunzle über den Aberglauben der Leute. Doch je dunkler es gerade wird, und die Umrisse der Grabsteine immer undeutlicher werden, desto schneller werden meine Schritte und ich beeile mich, die Steinstufen hinabzusteigen – den Friedhof im Rücken.

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CAW

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