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Der Bogenhausener Friedhof
Der Friedhof in Bogenhausen
Allein der Weg zum Bogenhausener Friedhof ist ein Erlebnis. Mit der Straßenbahn Linie 18 fahre ich zum Mauerkirchnerplatz. Kurz vor der Haltestelle passiert die Tram die Tivolibrücke, zu deren Seiten sich die gefärbten Herbstbäume in ihrer vollen Pracht zeigen. Oben auf dem Montgelashügel, der wiederrum von leuchtend gelben und rotem Laub übersät ist, befindet er sich: Münchens flächenmäßig kleinster Friedhof.
Die Anlage um die St. Georg Kirche wurde schon seit dem 9. Jahrhundert als Grabanlage genutzt. Angehörige von alteingesessenen Bogenhausener Familien finden hier ihre letzte Ruhe. Als ich meine Runden drehe, lese ich auch die Namen vieler prominenter Münchner Künstler …
Die Ruhestätte für Münchner Künstler
Gleich links neben dem Eingang leuchtet mir ein rotes Eisenherz vor der von Efeu umrankten Mauer entgegen. „Lisl Karlstadt“ steht dort in schwarzer verschnörkelter Schrift. Das Herz ist aufklappbar. Innen ist es weiß lackiert und verbirgt den echten Namen der Kabarettistin, Elisabeth Wellano. In den 20er Jahren war sie mit Karl Valentin als unvergleichliches Komiker-Duo aufgetreten.
Hinter St. Georg entziffere ich auf einem unscheinbaren Stein den Namen Oskar Maria Graf. Ich bleibe andächtig stehen. Wie viele Bücher habe ich von diesem Schriftsteller schon gelesen. Der in seinem amerikanischen Exil fast ironischer Weise stets in Lederhosen herumgelaufen ist. Auf der anderen Seite ruht Erich Kästner. Dieser versteckte kleine Friedhof ist ein wahres Spiegelbild deutscher Kulturgeschichte.
Herz, Engel und Rose
Auf dem Bogenhausener Friedhof gibt es weniger Grabsteine als filigrane schmiedeeiserne Kreuze. Doch ob aus Stein oder Eisen, mir fallen drei Symbole auf, die sich zwischen die Gräber ziehen: Herzen, Engel und Rosen.
Das Herz-Symbol entspringt der stilisierten Darstellung von Feigen- und Efeublättern. Der Efeu als langlebige und robuste Pflanze und das ähnlich geformte Feigenblatt sollten ebenso lang andauernde und starke Liebe symbolisieren. Betrachtet man das Efeublatt genau, erkennt man die Form des Herzens, wie wir sie heute kennen. Schon in frühchristlichen Kulturen wurden diese Formen auf Vasen gemalt; in der Minneliteratur finden sich in gezeichneten Liebesszenen oft jene Blätter.
Bote Gottes und Blüte der Vergänglichkeit
Angelos bedeutet so viel wie Bote oder Gesandter. Engel sind Boten Gottes, die als Vermittler zwischen Gott und den Menschen dienen. Der Friedhof ist ja gerade ein Zwischenort, an dem sich Diesseits und Jenseits treffen. Die vielen schönen Engel aus Stein, die über die Gräber gebeugt sind, stehen für die Wesen, die uns im Leben leiten und beschützen und nach dem Tod ins Himmelreich begleiten. Oft zeigt ihr Finger auch in Richtung Himmel – dorthin, wo sie uns nach dem Tod führen.
Die Rosen die ich entdecke – seien es echte Rosen, die auf die Gräber gepflanzt oder auf sie gelegt wurden, oder aus Eisen geformte – stehen in diesem Umfeld für die Vergänglichkeit. Wie sagt man im Volksmund „Das Leben ist wie eine Rose, seine Schönheit verblasst geschwind“.
Ich lasse mir das Sprichwort durch den Kopf gehen, während ich noch einmal langsam über das bunte Blättermeer auf dem für mich schönsten Friedhof Münchens gehe.
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